Eins meiner wichtigsten Learnings in 5 Jahren gleichberechtigter Elternschaft ist, dass Zeit für beide Partner*innen gleich viel wert sein muss. Das bedeutet, dass ein Elternteil
dem jeweils anderen die gleiche Wertschätzung für dessen Zeit entgegenbringt: "Deine Zeit ist genauso wertvoll wie meine Zeit."
In einer Welt, die die Zeit von Menschen sehr unterschiedlich bewertet, ist das nicht trivial.
Eine Hausfrau zum Beispiel verdient kein Geld. Ihre Zeit "kostet nichts". Sie gilt damit als weniger wertvoll und man darf großzügiger mit ihr umgehen. Drei Stunden zu backen statt kurz
einen Kuchen im Laden zu kaufen ist einer Hausfrau zuzumuten. Würde jemand zu dem Anwalt, der 200 Euro pro Stunde verdient und den für 12 Euro gekauften Kuchen zum Schulfest
mitbringt, sagen: "Oh schade, gar nicht selbstgemacht?!" Kaum. Weil jede*r weiß, was seine Zeit "wert" ist.
In der Beziehung wird genau diese Wahrnehmung zum Fallstrick für Gleichberechtigung und Equal Care. Weil die Partnerin ja "eh nicht arbeitet", schiebt er ihr noch mehr To-Dos aus dem
gemeinsamen Familienalltag zu, und so werden die Care-Arbeitstage immer länger, während der Besserverdiener (oder Überhauptverdiener) abends Feierabend hat und diesen auch selbstbewusst
einfordert.
Aber nur, weil niemand für ihre Zeit bezahlt, ist ihre Zeit nicht minderwertig. Zeit für sich – Freizeit von Arbeit – muss in einer Beziehung auf Augenhöhe für beide Partner*innen den
gleichen Wert besitzen. Völlig unabhängig davon, wie viel eine dritte Person oder ein*r Arbeitgeber*in in einem anderen Kontext für die Zeit der Beteiligten bezahlen würde.